Gesellschaftliches Engagement

Es ist ein Abgrund, vor dem man steht

Von der Model-Show zur Botschafterin gegen Hass: Als Finalistin bei GNTM wurde Lijana Kaggwa via Internet tausendfach beschimpft und bedroht. Hilfe erhielt sie vom Bündnis gegen Cybermobbing. Jetzt engagiert sie sich als Botschafterin für das Netzwerk.

Ihr letzter Auftritt bei der jüngsten Staffel von Germanys Next Topmodel schlug Wellen: „Ich kann den Hass in mir großmachen, wenn ich ihm nur genug Futter gebe“, sagte Lijana Kaggwa vor laufenden Kameras mit fester Stimme, „meinen Wert kann nur ich festlegen – und keine Hater. Ich werde nicht mehr das Futter sein für noch mehr Hass, denn ab jetzt höre ich nur noch auf mein Herz. Und deswegen verzichte ich auf das Finale. Denn love always wins und mein Sieg ist Glückseligkeit.“ Dass sie diesen Schritt wagte, verdankt die junge Frau ihrer Familie und der Unterstützung durch das Bündnis gegen Cybermobbing. Das Netzwerk aus Eltern, Pädagogen, Juristen, Medizinern und Forschern geht mit Aufklärung und Beratung gegen Gewalt im Netz an. „Die Seite des BGCM war der erste Treffer, als meine Tante im Internet geschaut hat, wie sie mir helfen kann, weil es mir so schlecht ging“, berichtet die 24-Jährige im Gespräch mit der Redaktion der SpardaWelt. Bei Heidi Klums Modelshow gehörte sie zu den erfolgreichsten Teilnehmerinnen. Doch im Netz wurde sie mit abstoßenden Beschimpfungen und Drohungen überhäuft. Der Hass gipfelte in realen Attacken, als Unbekannte ihr Auto zumüllten und Giftköder für ihren Hund im Garten ihres Wohnhauses in Kassel auslegten. „Es ist ein Abgrund, vor dem man steht“, beschreibt Lijana ihre extremen Erlebnisse, „denn wenn man anfängt, an sich selbst zu zweifeln, kann man auch an nichts anderes auf der Welt mehr glauben.“ Ihre Familie habe ihr jedoch immer wieder ihr wahres Wesen gespiegelt. Sehr wichtig sei für sie auch ein Satz gewesen, den ihr Peter Sommerhalter, Leiter für Prävention und Medienberatung beim BGCM, mit auf den Weg gab: „Lass dich nicht von jedem Pfeil treffen, der auf dich zielt.“ Die Hass-Kommentare hätten mit ihrem freiwilligen Ausscheiden bei GNTM ein Ende gehabt. Mittlerweile ist sie selbst als Botschafterin für das Bündnis gegen Cybermobbing an Schulen, auf Seminaren, bei Podiumsdiskussionen und auf Instagram unterwegs. „Aufklärungsarbeit ist das einzige wirksame Mittel,“ sagt Lijana eindringlich. Bei ihren Besuchen in Schulklassen freut sie sich besonders über eine häufige Frage, die ihr zeigt, wie fair und hilfsbereit Kinder sein können. Sie lautet: Wie kann ich denn helfen, wenn ich sehe, dass jemand gemobbt wird? „Ich antworte dann, geh hin, und sag diesem Jemand, was du toll an ihm oder ihr findest und warum du sie oder ihn magst. So kann man jedem Menschen wieder Selbstvertrauen geben.“

Unter www.buendnis-gegen-cybermobbing.de erhalten Betroffene und Interessierte wertvolle Ratschläge sowie unmittelbar nutzbare Hilfsangebote. Das Präventionsprogramm „Wir alle gegen Cybermobbing“ für Lehrkräfte, Schüler/innen und Eltern wird unter anderem von der Sparda-Bank BW unterstützt und für Schulen in Baden-Württemberg kostenfrei angeboten. Die Anzahl der Teilnehmer ist allerdings begrenzt.

Bedenkliche Zahlen Laut der JIM-Studie 2019 (Jugend, Information und Multimedia) des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest hat in der Altersgruppe der 12- bis 19-Jährigen ein Drittel der Befragten Cybermobbing bereits im eigenen Bekanntenkreis erlebt. Zwei Drittel sind im Monat vor der Befragung mit Hass im Netz konfrontiert worden. Jeder fünfte Jugendliche gibt an, dass schon einmal falsche oder beleidigende Inhalte über die eigene Person per Smartphone oder generell online verbreitet wurden.

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